Mulholland Drive (2001)
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Buch |
INHALT
Eine schwarzhaarige Frau (Laura Elena Harring) fährt in einer Limousine
über den Mulholland Drive, einer Straße, die sich über den Dächern
von Los Angels dahinschlängelt. Das Auto hält an und die Frau wird
von den beiden Männern auf den Vordersitzen mit einer Waffe bedroht. Ein
plötzlicher Unfall läßt sie mit dem Leben davonkommen, ihr Gedächtnis
hat sie jedoch verloren. Sie findet Unterschlupf in einer verlassenen Wohnung,
in die einen Tag später die Nichte der Besitzerin einzieht. Betty (Naomi
Watts) möchte Schauspielerin werden und hilft nun der Frau, ihre Identität
wiederzufinden.
KRITIK/INFO
David Lynch ist eine Art
Markenzeichen für Filme, deren tieferer Sinn eigentlich auch das
vordergründigste Schema sich einem nicht auf Anhieb erschließt.
Immer wieder fehlen Teile in seinen Puzzles, die den alles verstehen wollenden
Zuschauer gegen die Wand laufen lassen. Sein letzter Film, "The Straight
Story", bildete dabei eine Ausnahme, denn er war genauso "straight"
wie mitreißend erzählt und gespielt. Formal gesehen ist "Mulholland
Drive" mindest ebenso gelungen, doch die Geschichte ist mal wieder ein
waschechter Lynch.
Zu Beginn macht sich beim auf das Verwirrspiel eingestellten Zuschauer fast
noch ein wenig Enttäuschung breit. Die ersten knapp zwei Stunden des Films
zeigen zwar parallel mehrere scheinbar unzusammenhängende Handlungsstränge,
diese können aber durchaus noch als überschaubar gelten. Wer jetzt
denkt, daß sich am Ende wie bei "Magnolia" oder "Short
Cuts" alles in einem größeren Zusammenhang vereinen wird, der
hat recht und unrecht. Recht insofern, daß tatsächlich jedes Fragment
mit dem anderen etwas zu tun hat bei Lynch passiert sicher nichts aus
Zufall. Allerdings entsteht dadurch keine Klarheit, vielmehr wird die Verwirrung
in der letzten halben Stunde des Films mit jeder Szene größer. Jeder
spielt plötzlich eine ganz andere Rolle als bisher angenommen und es stellt
sich die Frage, was die Handlung davor überhaupt zu bedeuten hatte. War
es nur ein Traum? Da würde man es sich wohl etwas zu einfach machen, aber
komplexere Überlegungen sind wohl nach dem ersten Sehen des Films nur schwer
möglich.
Die
wenig bekannten Hauptdarstellerinnen Naomi Watts und Laura Elena Harring zeigen
wirklich großartige Leistungen. Beide haben praktisch zwei völlig
entgegengesetzte Rollen zu spielen und bewältigen dies mit Bravour. Das
Fehlen von Stars ist man in David Lynchs Filmen nicht unbedingt gewohnt, allerdings
war "Mulholland Drive" ursprünglich als Pilotfilm zu einer Fernsehserie
geplant, wurde jedoch vom amerikanischen Network ABC abgelehnt und schließlich
fürs Kino umgeschnitten. Die Nebenfiguren sind teilweise ein großer
Spaß: Da sind zum Beispiel ein einsamer Cowboy, der sogar in sein Grußwort
"Howdy!" eine gewisse Bedrohlichkeit zu legen vermag und zwei schwer
zufriedenzustellende italienisch-stämmige Hollywood-Produzenten. Überhaupt
kommt bei all dem Unwissen, was nun Realität ist und was nicht, nie Langeweile
auf. Lynch versteht es, Szenen mit absurder Komik, großem Suspense und
auch prickelnder Erotik in seinen Film einzuflechten, um den Unterhaltungswert
zu wahren. Dabei sind sicher auch der gelungene Soundtrack von Angelo Badalamenti,
der sich übrigens angesichts seiner Arbeit für "The Straight
Story" als sehr wandlungsfähig entpuppt hat, und die großartige
Kameraarbeit von Peter Deming hilfreich.
Alles in allem ist "Mulholland Drive" der vielleicht beste Lynch,
den es je gab. Vielleicht erschließen sich ja bei mehrmaligem Sehen auch
mehr Teile dieses Puzzles über Hollywood, die Filmszene und zwei sehr gegensätzliche
Frauen. Formal herausragend, äußerst unterhaltsam und großartig
gespielt ist er auf alle Fälle, darüber besteht keinerlei Verwirrung.
Spaß | Spannung | Action | Erotik | Niveau | Wertung |
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