Die
purpurnen Flüsse (2000)
INHALT
Kommissar Niémans (Jean Reno) und der Polizist Kerkérian (Vincent Cassel) arbeiten
200 Kilometer voneinander entfernt an offenbar völlig unterschiedlichen Fällen.
Niémans untersucht die grausamen Morde an Studenten einer ländlichen Elite-Universität.
Die Opfer wurden vor ihrem Tod gefoltert, Hände wurden amputiert, Augen entfernt.
Kerkérian hingegen hat es "nur" mit einer Grabschändung und einem Einbruch in
einer Grundschule zu tun. Doch bald kreuzen sich bei den Nachforschungen die
Wege der beiden Ermittler...
KRITIK/INFO
Wenn Regisseur Mathieu Kassovitz ("Dobermann") eine Sache drauf hat, dann ist
es, eine Atmosphäre zu erzeugen, von der jeder andere Regisseur nur träumen
kann. Allein die Eröffnungssequenz macht schon mehr her als so manch anderer
100-Minuten-Thriller, auch wenn sie ganz offensichtlich ein wenig auf den Ekeleffekt
setzt. Wie Thierry Arbogasts (genau, der Luc-Besson-Stammkameramann) Kamera
hier an der verstümmelten Leiche entlangkriecht und Bruno Coulais' atemberaubend-unheilschwangerer
Score die verstörenden Bilder untermalt, das ist schon beinahe einzigartig.
Die Kamera bleibt während des ganzen Films meist in Bewegung und sorgt schon
das ein oder andere Mal für ein leichtes Schwindelgefühl. Wem die 360-Grad-Drehungen
am Anfang von "Event Horizon" gefallen haben, wird auch hier auf seine Kosten
kommen.
"Die purpurnen Flüsse" gehört allerdings nicht zu den oberflächlichen, blutrünstigen
und nur auf den Effekt getrimmten Produktionen, die es in diesem Genre oft aus
anderen Teilen der Welt zu sehen gibt (vor allem aus so einem kleinen, weit
im Westen hinter dem großen Wasser gelegenen). Die Story ist durchdacht, relativ
wenig unglaubwürdig und kann das hohe Maß an Spannung bis zum leider nicht ganz
mit dem Rest des Films mithaltenden Finale aufrechterhalten. Der Film startet
mit einem eher gemächlichen Erzähltempo, das sich im Laufe des Films jedoch
kontinuierlich erhöht, zuletzt wirkt es jedoch fast ein wenig gehetzt, als wollte
der Regisseur seinen Film jetzt endlich zu Ende bringen. Dabei hätte man sich
die Landschaftsaufnahmen und die Entwicklung der Charaktere auch zu Schluß gerne
noch etwas länger angeschaut.
Die
Darsteller sind durch die Bank überzeugend, die beiden Hauptakteure ergänzen
sich wunderbar, auch wenn manchmal ansatzweise etwas "Buddy-Movie"-Feeling aufkommt.
Ihrer Beziehung wird sogar im Laufe der Handlung etwas Entwicklung zugestanden,
die sich jedoch im glaubwürdigen Rahmen befindet. Der zu jedem Zeitpunkt stimmige
Film besitzt nur eine Szene, die im Kontext überflüssig ist und zudem einen
kleinen stilistischen Bruch mit sich bringt: Die Kampfszene mit den Skinheads
in einer Lagerhalle hätte man sich besser gespart. Zwar ist die Idee an sich
nicht vollkommen schlecht, die Prügelei mit Sounds aus einem Kampf-Videospiel
zu unterlegen, doch dadurch wirkt die Szene, die sich natürlich nicht mit Standards
wie "Matrix" oder "Tiger & Dragon" messen kann, reichlich deplaziert in diesem
mit subtilen Mitteln arbeitenden Thriller erster Güte.
"Die purpurnen Flüsse" ist ein durchdachter, beinahe hundert
Prozent stimmiger Thriller, der mit tollen Bildern, Musik und Darstellern zu
überzeugen weiß. Mit Genre-Standards wie "Sieben" kann
er sich mit Sicherheit messen.
Spaß | Spannung | Action | Erotik | Niveau | Wertung |
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