Moovienet FilmdatenbankDie fetten Jahre sind vorbei
Die fetten Jahre sind vorbei (2004)

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SzenenfotoINHALT Jan (Daniel Brühl) und Peter (Stipe Erceg) brechen nachts in Villen reicher Leute ein, sorgen für ein bißchen durcheinander und hinterlassen Bekennerschreiben à la "Sie haben zu viel Geld". Als Peter in Barcelona weilt, weiht Jan dessen Freundin Jule (Julia Jentsch) in ihr Geheimnis ein. Wenig später finden sie alle drei nach einem mißglückten Einbruch als Geiselnehmer wieder. Und Hardenberg (Burghart Klaußner), ihre Geisel, bringt auch noch ihre Ideale ins Wanken.
KRITIK/INFO Da wird schonmal seit Jahrzehnten wieder ein deutscher Beitrag nach Cannes eingeladen und dort auch noch positiv aufgenommen (wenn auch nicht ausgezeichnet), und dann fällt den Deutschen nichts anderes ein, als Bernd Eichingers verklärendes Hitler-Vehikel "Der Untergang" für den Oscar ins Rennen zu schicken. Die Korruption greift um sich. Genau diesen Klüngel und das dazugehörige Leben im Luxus traut sich Hans Weingartner neuer Film zu hinterfragen. Die drei Protagonisten fühlen sich vom "System" benachteiligt und wollen den Reichen und vermeintlich Sorgenlosen ein Stückchen Lebensqualität nehmen, indem sie ihnen mit ihren Aktionen Angst machen. Erst als einer der Einbrüche schiefgeht und sie letzendlich einen "Bonzen in der Mangel haben", müssen sie sich fragen, wie weit sie für ihre Ideale gehen wollen. Und später sogar, ob ihre Ideale überhaupt die "richtigen" sind.
Schon lange gab es keinen Film in Deutschland mehr, der sich mit aktuellen politischen Thematiken auseinandersetzt. Und wahrscheinlich noch nie gab es einen, der dies auf derart unterhaltsame Art tut. Trotz seiner über zwei Stunden Spielzeit entwickelt der Film erst gegen Ende ein wenig Leerlauf, vorher erzählt er seine Geschichte temporeich, witzig und mitunter auch spannend. Weingartner versteht es, ein handvoll Gags so wohlplatziert einzusetzen, wie es besser kaum noch geht. Doch eine Komödie ist "Die fetten Jahre sind vorbei" nur scheinbar, auch die Dreiecks-Liebesgeschichte steht nicht im Vordergrund. Es ist die Thematisierung der gesellschaftlichen Kluft, die immer größer zu werden scheint. Immer mehr Menschen leben in Armut, einige wenige in Saus und Braus, und der Mittelstand scheint zu verschwinden. Weingartner ergreift dabei zunächst scheinbar Partei für die jungen linksgerichteten Idealisten, doch später entspinnen sich spannende Dialoge mit dem "Bonzen" Hardenberg, die ein anderes Licht auf deren Werte werfen.
Musikalisch bewegt sich der Soundtrack des Films stilsicher auf Punk- und Alternative-Rock-Pfaden, während die Optik einmal mehr dem Digital-Video-Look verpflichtet ist. Wobei man dies hier, ähnlich wie bei Wim Wenders' "Land of Plenty", kaum noch als Unterschied zum klassischen Filmmaterial wahrnimmt. Das Hauptdarsteller-Quartett agiert unterdessen vollkommen überzeugend und ohne jede Schwäche.
Heutzutage schrecken politische Themen vor allem junge Kinogänger eher ab, als daß sie sie ins Kino bewegen. Hoffen wir, daß dieser amüsante und gleichzeitig zum Nachdenken und Diskutieren anregende Film eine Ausnahme bildet. Verdient hätte er es.

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